GINOMANIA oder GIN(voll) geniessen

Das zehnjährige Jubiläum unseres ersten Gintastings für das 0381-Magazin im Januar des Jahres 2008 ist ist nun wirklich Grund genug, diesen Faden aufzunehmen und weiterzuspinnen.
Als das 0381-Gin-Kompetenzteam im damaligen Good Fellas ins Rennen ging, um sich dem Thema Wacholderspirituose zu nähren, war an den großen Gin-Boom in Deutschland noch kaum zu denken. Und Marken wie der 2010 ins Leben gerufene Monkey 47, welcher in Deutschland das Thema Gin maßgeblich beeinflusst hat, noch nicht am Start. Heute verlassen von dem Gin mit dem kleinen lustigen Affen auf dem Etikett täglich 25.000 Flaschen die Abfüllanlage und man kann wohl kaum noch von einer Craft-Distillerie sprechen. Der große Erfolg der Marke führte dann im Jahre 2016 dazu, dass der französische Spirituosenkonzern Pernod Ricard einen Mehrheitsanteil an der deutschen Brennerei Black Forest Distillers, welche die Gin-Marke Monkey 47 herstellt, übernimmt. Aktuell hat der Konzern das Produkt in sein Programm eingeordnet und macht den deutschen Gin global bekannt.
Im Jahre 2008 wurden beim 0381-Tasting einige Flaschen geöffnet, die noch heute die Herzen von Ginliebhabern höher schlagen lassen. Das Teilnehmerfeld bildeten folgende Produkte: Gillbey‘s Spezial, Blackwood‘s Vintage 2006 von den Shetland Inseln, Gordons Gin, Lion Heart Gin, Finsbury London Dry Gin, Plymouth dry Gin, Martin Miller‘s Gin, Tanquerry Gin, Brecon Gin aus Wales, The London Gin und Bombay Sapphire.
Bei diesem Tasting an der Ostsee waren schon alle wichtigen Gin-Gattungen mit an Bord.

London Dry Gin

Bei dieser Bezeichnung handelt es sich um keine Herkunftsbezeichnung. Es ist die Bezeichnung eines Stils, der in London geprägt wurde. Heute gelten für einen London Dry Gin strenge Herstellungsvorschriften. Die Aromen dürfen ausschließlich durch Destillation des pflanzlichen Ausgansmaterials bei einer zweiten Destillation gewonnen werden. Nach der zweiten Destillation darf nur Wasser zum Herabsetzen auf Trinkstärke hinzugegeben werden. Das Färben ist ausdrücklich nicht erlaubt. Der Zuckergehalt darf nicht mehr als 0,1g Zucker je Liter des Fertigerzeugnisses betragen.

Dry Gin

Auch dieser Gin darf nicht mehr als 0,1g Zucker je Liter enthalten. Hier sind die Regeln, welche das Aromatisieren betreffen, nicht so streng wie beim London dry Gin. Beim Dry Gin dürfen die Botanicals zu jedem beliebigen Zeitpunkt zugeführt werden, nicht nur vor der Destillation und auf einmal. Außerdem dürfen hier verschiedene naturidentische Farb- und Aromastoffe zugegeben werden, was beim London Dry Gin streng verboten ist. Gemeinsam ist Dry Gin und London Dry Gin die mindestens doppelte Destillation und das Verbot eines Zuckerzusatzes.

Old Tom Gin

ist die alte ursprüngliche Spielart des Gins. Diese Gattung darf gesüßt werden und bezeichnet daher einen grundsätzlich süßeren Styl. Die Bezeichnung ist nicht geschützt und kann daher beliebig verwendet werden.

Plymouth Gin

Hier ist die Herkunft aus der Marine- und Hafenstadt im Südwesten Englands gesetzlich geschützt. Er ist aber auch gleichzeitig ein Markennahme für den einzigen Vertreter dieser Gattung. Im Gegensatz zum London Dry Gin ist er nicht so stark wacholderlastig und zeichnet sich durch eine zarte fruchtige Süße aus, welche ihm eine vollmundige Anmutung verleiht.

New Westernstyle Gin

Unter dieser nicht offiziell geregelten Bezeichnung finden alle Gins ein Dach, die nicht in die anderen Sparten passen. Oft spielt hier nicht der Wacholder die erste aromatische Geige. Viele neue und exotische Vertreter werden hier eingeordnet.

Ginlikör

Der bekannteste Vertreter ist der Sloe Gin. Hier werden Schlehen und Saft verwendet, um einen gezuckerten Likör herzustellen. Der Alkoholgehalt liegt im Normalfall unter 25%. Beim richtigen Gin ist ein Mindestalkoholgehalt von 37,5% vorgeschrieben.
In Deutschland sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit Sicherheit aktuell weit über 200 alte und neue Ginmarken am Markt aktiv. Hier gilt der Stobbe Gin als älteste Marke. Die Geschichte der Marke reicht bis in das Jahr 1776 zurück. Im Danziger Raum war der Wacholderschnaps unter dem Namen Machandel populär. Im Jahre 2014 kaufte Uta Stobbe nach vielen Irrungen und Wirrungen die Marke für die Familie zurück und lies mit Hilfe der Brennerei Marder aus dem Schwarzwald die Marke wieder aufleben. Der Stobbe Gin überzeugt heute mit kräftigen Wacholdernoten, welche gekonnt mit einem fruchtigen Hauch von schwarzer Johannisbeere und Bergamotte zu einem Gin nach London Dry Art kombiniert wurden.
Auch im Nordosten tut sich etwas und es gibt zwischen Usedom und dem
Schaalsee den einen oder anderen spannenden Wacholderschnaps zu entdecken. Hier haben sich Produkte wie der Müritz Gin, Blücher oder der Oss aus der seit 2010 aktiven Rittmeister Destille in Rostock-Biestow einen Namen bei Ginfreunden gemacht. Dieses Thema werden wir daher sicher in einer der nächsten Ausgaben etwas näher beleuchten.

Frank Schollenberger
Sommelier