Weinwissen: Portwein – Roter Samt?

Die 2. Aussage gilt uneingeschränkt. Beim ersten Teil seiner Ansage hatte der alte Cockburn die großartigen weißen Ports wohl vergessen und die seit 2008 erzeugten modernen Rosé-Ports nicht gekannt.

In alten Zolldokumenten von 1678 wird der Wein aus dem Dourotal zum ersten Mal als Portwein bezeichnet. Dieser Wein, den man noch viel zu oft in traditonellen Herrenklubs verortet, wo er von alten Männern getrunken wird, kann viel mehr. Natürlich hat dieser grandiose Wein, dessen namensgebender Ort mehrere hundert Kilometer außerhalb des eigentlichen Anbaugebietes liegt, eine fast sagenhafte Vergangenheit. Er hat aber auch das Potential für eine spannende Zukunft.

Schon für die Jungsteinzeit gibt es fossile Belege für im Dourotal gedeihende Reben. Die Römer verbreiteten den Weinbau im ganzen heutigen Portugal. Während ihrer Herrschaft über Portugal waren dann die islamischen Mauren weise genug, ihre eigenen Auffassungen zum Genuss von Weinen nicht mit Gewalt durchzusetzen, so dass der Weinbau und Weingenuss nicht zum Erliegen kam. Im 11. Jahrhundert eilte Heinrich II. von Burgund Alfons VI. König von Kastilien im Kampf gegen die Mauren zur Hilfe. Als Belohnung für seine Waffenbrüderschaft erhielt Heinrich Alfons uneheliche Tochter zur Frau und als Mitgift einen großen Teil des heutigen Portugal.

Der Franzose Heinrich förderte in seiner neuen Heimat, zu der auch das Dourotal gehörte, den Weinbau. Unter anderem ergänzte er das Rebsortenspektrum durch Reben aus seiner französischen Heimat. Sein Sohn Alfons I. verbot mit einem Edikt das Abholzen aller Reben auf königlichem Besitz und dessen Nachfolger wie Dionysius förderten die Anlage von neuen Weingärten. 1373 schlossen die Portugiesen ein Abkommen mit den Engländern, das ihnen erlaubte, für die Lieferung von Lamego-Wein in englischen Gewässern den beliebten Kabeljau zu fischen. Der Namenspatron für den Vorgängerwein des Ports war, die ca. 8 Kilometer vom südlichen Douro-Ufer entfernt liegende, Stadt Lamego. Ende des 17. Jahrhunderts stand es um die Beziehungen der Engländer zu Frankreich mal wieder nicht zum Besten und der gewachsene Bedarf nach Wein auf der Britischen Insel machte die Suche nach neuen Weinherkünften erforderlich. Daher sahen sich englische Kaufleute auf der Iberischen Halbinsel in Spanien und Portugal nach Exportweinen um. Hier einen anständigen Wein für die anspruchsvolle Kundschaft zu finden, war dann nicht so einfach, denn das, was sie hier in den Kellern fanden, waren teils erbärmliche Tropfen. Denn die Landwirtschaft in Portugal lag am Boden. In den Kellern wurde nicht sauber gearbeitet, die verwendeten Fässer waren ungepflegt und teils verrottet und beim Transport in geharzten Ziegenlederschläuchen bekamen die erbarmungswürdigen säure- und tanninhaltigen Tröpfchen den Rest und waren so kaum zu genießen, geschweige denn, den anspruchsvollen britischen Kunden zuzumuten. Fündig wurden die Kundschafter des guten Geschmacks, zwei Söhne eines Weinhändlers aus Liverpool, in einem portugiesischen Kloster. Hier stellten Mönche einen Wein her, der hygienisch einwandfrei, lagerfähig und trinkbar war. Das Geheimnis des Abtes von Lamego und seiner Mönche war ein Kunstgriff. Dem Wein wurde am Ende der Gärung Brandwein zugeführt. Dies verlieh dem Wein seinen typischen Charakter. Dieser Wein wurde nun unter dem Namen „Priest Port“ für die Briten zum Begriff für Qualität und zu einer Art Herkunftsbezeichnung. Das Aufspritten des Weines erwies sich auch als Glücksgriff in Bezug auf den Export. Der Alkohol konservierte und schützte den Port beim Transport auf die Insel und wurde hier zu einer geschätzten Alternative zu den Weinen vom „Erbfeind“ Frankreich, der den Engländern im Streit immer wieder den Weinhahn zudrehte. Mit dem Port hatte man nun im vereinigten Königreiche eine Alternative und er wurde etwas sehr Britisches. Es verwundert daher nicht, dass viele englische und schottische Weinhändler sich auf den Handel mit Port spezialisierten und sich in Porto ansiedelten. Beleg hierfür sind die noch heute geschätzten Produkte von Cockburn, Graham, Croft, Delaforce (siehe Foto oben), Sandemann, Offley, Taylor, Warre, Dow‘s und Churchill‘s. In der Folge spielten durch den wechselseitigen Handel mit Port und dem in Portugal sehr beliebten Stockfisch – Kabeljau, der in Portugal Bacalhau heißt – auch Deutsche, wie Kopke, Burmester, Andresen aber auch Niederländer wie Nieport und van Zeller sowie einheimische Häuser wie Calem, Fonseca und Ferreira eine gewichtige Rolle.

Im 18. Jahrhundert wurde der Port immer populärer und die Portweinhändler errichteten in Vila Nova de Gaia imposante Lagerhäuser, in denen der Wein aus dem Dourotal vor der Verschiffung über den Hafen von Porto gelagert wurde. Der mehrere hunderte Kilometer lange Transport von den Winzern zu den Händlern in Porto wurde auf dem Douro mit den Rabelos bewerkstelligt. Das sind Boote mit einem geringen Tiefgang, auf denen die Porteweinfässer mit Hilfe der Strömung flussabwärts transportiert wurden. Heute haben diese Boote eigentlich nur noch eine repräsentativen und touristischen Aufgabe. Romantisch liegen sie, als Fotomotiv im Schatten der Handelshäuser am Douro vor Anker.

Die große Nachfrage im 18. Jahrhundert führte dazu, dass man anfing, zu schummeln. Einem schlechten Grundwein wurde Alkohol zugesetzt. Diese dünne Suppe wurde mit Gewürzen aromatisiert, um ihr geschmacklich auf die Sprünge zu helfen und zur farblichen Aufhübschung wurde Holunderbeersaft zugesetzt. Mit diesem Schund wurde der Markt überschwemmt und der Preis für echten Portwein fiel ins Bodenlose.

Den Schwarzen Peter für dieses ruinöse Debakel schoben sich nun Händler und Winzer gegenseitig zu. Die Lage war so dramatisch, dass der Premierminister des Portugiesischen Königs und spätere Marquis de Pombal sich zum Eingreifen veranlasst sah und zur Kontrolle des Portweinhandels 1756 eine Monopolverwaltung mit dem Namen „Douro Wine Company“ installierte. Außerdem erließ er Gesetze, in denen die zu verwendenden Trauben, die Region und Qualitätsstandarts definiert wurden. Zur Durchsetzung dieser Portweingesetze konnte sogar die Armee eingesetzt werden. Außerdem erschwerte er das Panschen, in dem er, das Abholzen, der zum Weinfärben verwendeten Holunderbeergehölze anordnete. Diese Qualitätsstandards wurden 1907 modifiziert und im Jahre 1926 maßgeblich neu geregelt. Nun mussten alle Händler in Vila Nova de Gaja eine eigene Kellerei besitzen. So konnte man diese besser überwachen. Es stärke aber auch die Stellung der großen Handelshäuser gegenüber den Erzeugern im Dourotal. Diese Gesetze wurde 1986 abgeschafft und so der Markt für kleine einheimische Betriebe geöffnet.

Heute ist Portwein als Süßwein bekannt. Jedoch vor 1820 waren die meisten Portweine traditionell trocken. Der Alkohol wurde erst zum Ende der Gärung zugesetzt, zu einem Zeitpunkt an dem der Zucker im Wein von den Hefen bereits zu Alkohol umgewandelt ist. Nach einer grandiosen Ernte 1820 zeigte sich das große Potential des Ports als Süßwein und man unterbrach nun die Gärung zu einem frühen Zeitpunkt, um den prägenden Restzucker zu erhalten. Mit diesem Eingriff entstand für die damalige Zeit ein ganz neuer moderner Wein, der mit seinen Spielarten auch noch heute begeistert und ein großes Alterungspotential hat.

Die große Vielzahl an Rebsorten, Spielarten, Typen und Reglungen machen den Portwein auch für ambitionierte Weintrinker in Deutschland zu einem Mysterium. Und sorgt wohl dafür, dass er im Gegensatz zu unseren Nachbarn bei uns oft etwas unterschätzt wird. Aber keine Angst, entscheidend ist der Spass den dieses grandiose Getränk macht und die unglaubliche Bandbreite seiner Anwendungsmöglichkeiten und Kombinationsvielfältigkeit.

Daher hier zur Orientierung nur eine grobe Einteilung des Weines, dem man nachsagte, er wäre im Gegensatz zum Bordeaux der Wein für Männer und nicht für Jünglinge.

White Port
Zu unrecht führen die weißen Portweine oft noch immer ein Schattendasein im Vergleich zu ihren roten Brüdern. Die Roten werden oft nach dem Essen getrunken. Gut gekühlter White Port in seiner trockenen Ausführung wird in Porto als klassischer Aperitif gereicht. Neben dem trockenen dry gibt es Typen mit unterschiedlichen Süßegraden wie Extra Dry, Demi-sec und Extra Sweet und als Krone der weißen Schöpfung die süßen Lagrimas (Tränen). Ein empfehlenswerter sommerlicher Erfrischungsklassiker ist der Longdrink Porttonic. Hier wird weißer Port mit Tonic und Zitrone auf Eis gemischt.

Ruby
Dies sind die fruchtigen, wie es der Name schon verheißt rubinroten Qualitäten, die mindestens zwei bis drei Jahre im großen Eichenfass lagern, bevor sie verkauft werden dürfen. Um seinen fruchtigen und zugänglichen Charakter zu erhalten, werden diese strahlenden Rubine dann in die Flasche gefüllt. Die Reifung findet reduktiv vornehmlich in der Flasche statt. Rubys sind daher Flaschengereifte Portweine. Zum Ruby-Typ gehören: Ruby, Ruby Reserve, Crusted Port, Late Bottled Vintage ( LBV) und Vintage Port. Rubys sind vielseitige Dessertweine, die auch mit Schokolade oder Käse funktionieren. Aber auch als Aperitif leicht gekühlt, zu Salzgebäck und Nüssen macht so ein flüssiger Rubin Spass.

Tawny
Dieser reift im Unterschied zu seinem fruchtigen Bruder nach zwei bis drei Jahren im großen Fass, dann in kleinen Eichenfässern, den sogenannten Pipas weiter. Tawnys sind Fassgereifte Portweine. Auch hier weißt der Name Tawny (lohfarben) auf die Farbe hin. Diese entsteht durch die oxidative Reifung in den kleinen Fässern. Hier entwickeln sich Noten von Trockenfrüchten, Nüssen und Mandeln. Die Weine hellen sich immer mehr auf und entwickeln sich zu Qualitäten mit hellen bernstein- und goldgelben Farbtönen.
Zu den Tawnys gehören Tawny, Old Tawny und Colheita. Tawnys haben vielfältige Einsatzmöglichkeiten, sind gute Begleiter und gute Digestifs nach dem Essen.

Rosé Port
Dies ist die modernste Spielart des Ports. Als erste Haus kam 2008 Croft mit einem Rosé auf den Markt. Seit 2009 ist Rosé als offizielle Sorte registriert. Andere Häuser, wie Calem haben nachgezogen. Der Rosé ist eine jugendliche fruchtige Variante, der wie weißer Port gekühlt bei 10°C oder als Bestandteil von Cocktails serviert wird.

Frank Schollenberger
Sommelier